Es ist wieder soweit!! Die Zeit der Ferias ist gekommen! Auftakt war die Feria de Abril in Sevilla und morgen geht es in Jerez los. Und alle Jahre wieder … ist die geballte Damenwelt unterwegs, um Kleider zu kaufen oder umändern zu lassen.
Meine Freundin María Luisa hat vor ein paar Jahren zusätzlich zu ihrer Boutique Azabache ein zweites Geschäft eröffnet: Azabache Flamenca. Dort verkauft ihre Tochter Ana neben Kleidern und Accessoires für Anlässe wie Taufen, Kommunionen und Hochzeiten eben auch Flamenco-Kleider. Diese Kleider heißen auf Spanisch Traje de Gitana, Traje de lunares oder eben Traje de Flamenca (eine Flamenca ist eine Frau, die ein solches Kleid trägt). Im letzten Jahr habe ich gelernt, dass sich auch auf diesem Sektor die Mode jedes Jahr ändert. Mit Ärmeln, ohne Ärmel, mit langen Ärmeln, mit mehr oder weniger Volants, mit größeren oder kleineren Volants und so weiter und so fort. In diesem Jahr konnte ich nicht widerstehen, ein paar Fotos von den Kleidern zu machen, die Ana in dieser Saison anbietet.
Während ich im Laden war, probierte gerade ein junges Mädchen unter den kritischen Blicken von Mutter und Tante ein schwarzes Kleid mit einem knallroten dreieckigen Schultertuch an. Wenig später kamen zwei weitere Frauen, die sich Stoffmuster anschauten, denn man kann bei Azabache Flamenca nicht nur Kleider ‚von der Stange‘ kaufen, sondern sich auch ganz feudal ein Kleid anfertigen lassen. Während ich mir die Zeit mit Fotos und dem Begutachten von Ohrringen für die Feria vertrieb, spitzte ich natürlich die Ohren. Da wurde über die Größe der Punkte (lunares) im Stoff gefachsimpelt und ausgiebig debattiert, welche Farbe für den oberen Stoff, welche besser für den darunter hervorlugenden Tüll passt. Als der Laden irgendwann leer war, fragte ich Ana neugierig, was denn die Anfertigung eines Traje de Flamenca kosten würde.
„Zwischen 300 und 350 Euro.“, lautete die Antwort, worauf ich nur ein „Wow“ hauchen konnte, denn zu so einem Kleid kommen in der Regel ja noch Accessoires. Da wäre die Stoffblume fürs Haar oder ein hübscher Kamm, die großen Ohrringe, vielleicht noch ein Schultertuch. Ja, es läppert sich.
„Es kommt natürlich immer auf den Stoff und die Machart an.“, sagte Ana auf mein fassungsloses ‚Wow‘ hin. „Ich habe auch schon Kleider verkauft, die sich am Ende auf über 400 Euro beliefen.“
„Da muss man aber wirklich jeden Tag und auf jede Feria gehen, um das Kleid zu amortisieren.“, stammelte ich immer noch fassungslos.
„Glaub‘ das nicht.“, schüttelte Ana den Kopf. „Manche tragen das Kleid nur einen einzigen Tag.“ Jetzt fällt mir die Kinnlade vollends auf den Boden, während sie fortfuhr: „In letzter Zeit ist es auch üblich, ein solches Kleid für die fünfzehnjährige Tochter anfertigen zu lassen.“
„Ernsthaft? Aber in dem Alter wachsen sie doch meist noch!“, gab ich mit großen Augen von mir.
„Die Kleider lassen sich ja ändern und anpassen, da ist immer genug Spielraum.“, erklärte Ana mit einem Schulterzucken. Ich dachte einen Moment darüber nach. In Südamerika ist der fünfzehnte Geburtstag eines jungen Mädchens eine riesige Sache und wird großartig gefeiert. Ob das mit den speziell für die fünfzehnjährige Tochter angefertigten Trajes de Flamenca hier in Andalusien jetzt wohl zu so einer ähnlichen Sache wird? Wahnsinn.
Natürlich gibt nicht jede so viel Geld für eines dieser Kleider aus. Es machen auch jedes Jahr Tipps die Runde, wo man am günstigsten eins ergattern kann. Im Übrigen sind diese Kleider nicht gerade bequem. Durch die Unmengen an Stoff wiegen sie so einiges und sind auch ziemlich warm. Wenn draußen sommerliche Temperaturen herrschen, dann ist es in den Casetas der Ferias kaum auszuhalten und selbst abends in der Regel noch immer stickig und heiß, weil den ganzen Tag die Sonne auf das Zelt geknallt hat. Dann dazu dichtes Gedränge, das warme Kleid, ein Gläschen Sherry und ein paar Tanzschritte und schon sind alle schweißgebadet und die Schminke läuft in Strömen das Gesicht herunter.
Willkommen in der Welt der Ferias!
