Wieder steht Weihnachten vor der Tür. Kurz vor den Feiertagen habe ich ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Im September schlug ich mich mit den Scammern in Tinder herum, Anfang Dezember wurde meine Bankkarte bei einem Online-Einkauf dupliziert, weshalb ich einen Sonntagvormittag auf der Polizeiwache verbrachte. Doch anscheinend will sich 2021 mit Pauken und Trompeten von mir verabschieden …
Heute Morgen, als ich zum Einkaufen fahren wollte, sprang der Wagen zwar an, aber eine gelbe Leuchte leuchtete auf und weigerte sich beharrlich, sich wieder auszuschalten. Was, verflixt noch mal, war denn jetzt schon wieder los? Wie Penny in der Serie The Big Bang Theory die Lampe einfach zu ignorieren klappt bei mir nicht. Einen Aufkleber zum Drüberkleben hatte ich auch nicht zur Hand. Also raste ich zur Ford-Werkstatt.
Gerade eben in diesem Moment öffnet der Mechaniker die Motorhaube und kratzt sich am Kopf, während er sich die Bescherung anschaut. Er weiß sofort, was los ist, denn er deutet mit dem Finger auf Pfotenabdrücke, die sich über den gesamten Motorblock ziehen.
„Mäuse oder Ratten, hm, der Größe nach eher Ratten.“, sagt er lakonisch und fragt dann: „Wohnst du auf dem Land?“
„Ja.“, sage ich seufzend, habe ich doch schon oft von dem Problem gehört, dass bei längerem Stillstand eines Autos, Ratten die Kabel durchbeißen.
„Hast du den Wagen länger nicht gefahren?“, kommt auch schon gleich.
„Im Gegenteil, das ist ja gerade das Seltsame! Ich fahre jeden Tag damit und war auch gestern Abend noch unterwegs.“, protestiere ich und schüttle verständnislos den Kopf.
Eine Ratte? Na ja, logisch, gegenüber ist ein leeres Grundstück, einigermaßen verwildert und ab und zu werfen Leute auch Abfall über den Zaun. Da ist es kein Wunder, dass sich von dort auch mal eine Ratte in meinen Garten verirrt. Würde übrigens auch erklären, weshalb Peluche in letzter Zeit so viel gebellt hat … Man sollte eben immer auf seinen Hund hören. Doch dass sich das Vieh in nur einer einzigen Nacht in den Motorraum meines Wagens gequetscht und dann irgendein Kabel durchgenagt hat, ist einfach unglaublich.
Ich habe Glück im Unglück, die Werkstatt hat einen Ersatzwagen frei, sodass ich meinen Wagen gleich dalassen kann.
Nachmittags gebe ich die letzten Unterrichtsstunden vor Weihnachten. Abends zuhause angekommen, stelle ich den Ersatzwagen der Werkstatt dort ab, wo normalerweise mein Auto steht. Ich überlege, ob sich die Ratte wohl im Geräteschuppen versteckt, und entscheide, dort mal nachzusehen. Während ich um den Wagen herumgehe, knirscht es unter meinen Füßen.
„Was ist das denn?!“, frage ich entsetzt und schalte ein Außenlicht ein. Eine meiner hübschen Terrakotta-Dekorationen liegt am Boden und ist in Tausend Scherben zerborsten.
„Das gibt es doch nicht!!!“, rufe ich fassungslos aus, denn das Ding war groß und schwer. Keine Ahnung, wie es einfach von der Wand fallen konnte. Während ich die Scherben aufsammle, überlege ich, ob die Ratte vielleicht über den Stahlträger gelaufen ist, der das Dach hält, unter dem das Auto parkt. Und Peluche hat sie vielleicht gejagt, sich auf die Hinterpfoten gestellt und dabei das Terrakottadings von der Wand gehauen? Groß und kräftig genug ist sie ja. Ich schüttle den Kopf, werfe die Scherben in den Müll und gehe ins Haus. Ratte und Geräteschuppen vertage ich auf morgen. Stattdessen hinterlasse ich eine Nachricht in unserer Gruppe.
„Ihr glaubt nicht, was heute los war. Der große Bruder von Mickey Maus hat gedacht, es wäre eine gute Idee, ein Kabel an meinem Auto zu zerbeißen!! Und obendrein ist eine von diesen Terrakotta-Laternen, die ich an der Wand hängen hatte, heruntergefallen und kaputt gegangen! Ob ich wohl so eine Art Poltergeist hier irgendwo habe???!!“
Schon hagelt es gute Ratschläge: „Du musst am Freitag Rosmarin verbrennen!! Das reinigt das Haus von negativer Energie!!“
Ja, davon habe ich hier schon oft gehört, und seien wir ehrlich: Scammer, Hacker, Ratten, zerstörte Deko – im Moment bin ich für Vorschläge jeder Art offen. Wenn es sein muss, pflanze ich auch Rosmarin im Motorraum oder auf dem Beifahrersitz an.
Heute ist zwar Mittwoch, aber ich entscheide, dass das mit dem Rosmarin nicht schaden kann. Und so verbrenne ich drei Tage lang abends Rosmarin, gehe mit der Pfanne, in der der Rosmarin vor sich hin schmaucht, durchs Haus und sage dazu einen Spruch auf, der sich im Spanischen reimt und sinngemäß bedeutet „Möge alles Schlechte verschwinden und nur Gutes hereinkommen.“ Wow, ich komme mir wie eine Wicca vor.
Es scheint auch gewirkt zu haben, denn schon am nächsten Vormittag ruft mich die Werkstatt mit guten Nachrichten an: Mein Auto ist fertig! Den Rest des Tages über suche ich den Geräteschuppen nach der Ratte ab, pfeife auf Tierschutz und Tierliebe und lege rachsüchtig Rattengift aus, denn obwohl die Werkstatt das Kabel so günstig wie möglich repariert hat, tat die Rechnung doch weh. Allerdings bleibt das Gift wochenlang unangetastet, bis ich es einsammele und entsorge. Die Ratte habe ich nie gefunden. Vielleicht doch ein Poltergeist?
