OP-Termine und Taxis

Morgen, Montag, ist meine Augen-OP. Der Kühlschrank ist für zwei Wochen gut gefüllt, Hunde- und Katzenfutter sind vorbereitet. Nach der OP darf ich eine Woche lang weder lesen, noch schreiben, noch auf irgendwelche Bildschirme oder Displays starren. Am Abend werfe ich vorsichtshalber eine Schlaftablette ein. Hilft aber nicht. Ich wälze mich vor lauter Aufregung die ganze Nacht hin und her.

Heute ist es soweit. Ich soll um acht Uhr im Krankenhaus sein und habe geplant, um halb acht ein Taxi zu rufen. Um sechs halte ich es nicht mehr länger im Bett aus und tapse unter die Dusche. Danach ziehe ich mich an und versorge die Tiere. Ich muss nüchtern sein, Frühstück ist also strikt verboten. Um viertel nach sieben rufe ich die Taxizentrale an.

„Tut mir leid, alle Taxen sind unterwegs. Keine Ahnung, wann eine frei ist.“, lautet zu meiner großen Überraschung die Antwort. Ich klingele bei Eli direkt durch:

„Ich fange meinen Dienst erst um acht Uhr an, ich muss zuerst in die Stadt fahren, das Taxi holen und dann wieder zu dir fahren.“, flüstert sie ins Telefon. Aha, da ist jemand eindeutig noch zuhause, und der Rest ihrer Familie schläft tief und fest. Ach, du lieber Himmel. So langsam werde ich nervös. Das gibt es doch nicht! Kein Taxi? Um die Uhrzeit? Echt jetzt? Ich erkläre Eli was los ist.

„Ich komme sonst zu spät zur OP!!“, jammere ich.

Aber vor acht kann sie mit dem Taxi nicht hier sein. Wieder rufe ich die Taxizentrale an.

„Ja, sind immer noch alle unterwegs. Und wir haben um diese Zeit nicht so viele Taxen.“, lautet die niederschmetternde Antwort.

„Ich kann es ja noch mal an alle Fahrer durchgeben. Es wird sich schon einer melden.“, kommt dann noch recht gleichgültig hinterher. Pfff. Es ist mittlerweile halb acht. Mir fällt Antonio ein, der Pedro und mich mal nach Cádiz gebracht hat. Ich krame seine Nummer hervor und lasse es klingeln. Er hebt ab – juchhu. Aber Fehlanzeige, er kann mich auch nicht abholen.

„Ich mache nur noch Flughafenfahrten und bin auch jetzt gerade auf dem Weg nach Sevilla.“

So ein Mist. Ich bedanke mich artig und tigere durchs Haus, in der Hoffnung, dass mich einer der Fahrer von der Taxizentrale anruft. Um viertel vor acht bin ich dann endgültig hysterisch und so richtig, richtig schön durch den Wind. Und rufe wieder bei der Taxizentrale an. Weiterhin kein Erfolg.

Doch dann klingelt plötzlich das Telefon. Eli.

„Ich habe eine Idee … Wenn es dir nichts ausmacht, dass ich dich statt im Taxi in meinem Privatwagen zum Krankenhaus fahre?“

„Großer Gott, nein, überhaupt nicht!!!“, rufe ich erleichtert aus.

„Ok, ich wohne nämlich bei dir um die Ecke und komme ohnehin an deinem Haus vorbei. Ich bin in zwei Minuten da.“

„Danke! Danke!“, jubele ich und lege auf. Was für eine Erleichterung!!!

Ich schnappe meine Tasche und die Schlüssel, schließe ab, aktiviere die Alarmanlage und gehe dann raus auf die Straße. Keine Minute später hält auch schon ein kleiner Fiesta vor mir.

„Mann, Eli, ganz, ganz herzlichen Dank!“, wiederhole ich einmal mehr und seufze dazu erleichtert, während ich mich anschnalle.

„Ja, im Sommer ist es um diese Uhrzeit immer schwierig mit Taxen.“, erwidert sie.

„Wieso eigentlich?“, frage ich verwundert.

„Na, die ganzen Touristen!“, sagt Eli schulterzuckend und erklärt dann weiter: „Um diese Uhrzeit haben wir nicht viele Taxen laufen, aber viele Touristen kommen erst um fünf oder sechs aus den Strandbars oder haben vielleicht sogar am Strand übernachtet. Vor allem viele Jugendliche … Na, und die benötigen dann ein Taxi, um nach San Fernando oder El Puerto oder sonst wohin zurückzufahren.“

Ich staune, denn auf diese Idee wäre ich nie gekommen. Aber so ist das eben, wenn man an einem Ort lebt, der für andere ein Urlaubsziel ist. Wieder etwas dazugelernt.

Eli setzt mich um genau zwei Minuten vor acht vor dem Krankenhaus ab, und ich zahle vor lauter Dankbarkeit ein bisschen mehr als nur den vereinbarten Fahrpreis.

Vor dem Krankenhaus wartet schon Arantxa auf mich. Sie hat angeboten mich zu begleiten und mit mir zu warten, bis ich in den OP-Saal muss. Ich bin wirklich froh, dass sie da ist, denn ich bin durch die ganze Taxi-Geschichte ziemlich durch den Wind. Kaum im Krankenhaus, marschiere ich zum Aufnahmeschalter, um mich da, na eben aufnehmen zu lassen.

„Wir machen erst um acht Uhr auf.“, erklärt mir die Angestellte hinter dem Schalter kopfschüttelnd und schaut vielsagend auf die Uhr. Eine Minute vor acht.

„Ah.“, mache ich intelligent, drehe mich einigermaßen verdattert um, setze mich neben Arantxa und starre ungläubig und mit offenem Mund vor mich hin.

„Da war die ganze Aufregung umsonst. Ich dachte, die OP beginnt um acht. Stattdessen öffnen die die Aufnahme nicht einmal vor acht.“, sage ich schließlich verblüfft, worauf Arantxa nur ein belustigtes Schnauben unterdrückt.

Eine Minute später öffnet die Krankenhausangestellte ganz hochoffiziell den Schalter, aber ich bin nicht schnell genug. Ein älteres Ehepaar ist wie aus dem Nichts aufgetaucht und steht schon vor der Angestellten. Ich raune Arantxa zu:

„Jede Wette, die beiden sind um drei Minuten vor acht hier angekommen.“

Doch schließlich sind auch für mich alle Formalitäten erledigt, und wir dürfen in den vierten Stock fahren, wo sich die OP-Räume befinden. Jetzt müssen wir weiter warten, denn der Arzt trudelt erst um zwanzig vor neun freudestrahlend ein. Ich fasse es nicht.

Nächstes Mal bleibe ich länger im Bett.