Im Herbst traf sich der Witwenclub bei Petri zum Grillen. Heimlich natürlich, denn es gelten immer noch so einige Lockdown-Beschränkungen. Esperanza brachte ihren göttlichen Bizcocho mit, und ich bekniete sie, mir das Rezept zu geben. Sie kramte prompt Stift und Zettel hervor, schrieb das Rezept auf und gab mir noch ein paar Erklärungen dazu.
Heute ist Samstag, und ich habe absolut nichts vor. Ein ewig langer Samstag liegt vor mir. Allerdings habe ich Heißhunger auf etwas Süßes, und so beschließe ich, das Bizcocho-Rezept auszuprobieren. Zunächst lege ich mir alle Zutaten (drei Eier, Öl, Joghurt, Zitrone, Mehl, Backpulver) zurecht, stelle den Backofen an, damit er schön vorgeheizt ist, messe alles ganz fachmännisch ab und mische die Zutaten. Alles in eine Backform gefüllt und ab in den Ofen damit.
Dreißig Minuten später ist der Bizcocho immer noch platt wie eine Flunder. Aber er ist fertig, also hole ich ihn aus dem Ofen, beäuge ihn misstrauisch, lasse ihn aber erst einmal auskühlen. Eine halbe Stunde später tigere ich wieder ungeduldig in die Küche, um nach dem Kuchen zu sehen. Hm. Ja, weiterhin die platteste aller Flundern. Ich schneide ihn an, und er scheint ein bisschen klebrig innendrin. Pappig. Schmeckt auch nicht sooo überwältigend. Ich überlege, was falsch gelaufen sein kann. Keine Ahnung.
Da immer noch viel vom Samstag übrig ist, ich immer noch nichts Besseres vorhabe, aber weiterhin von diesem Heißhunger auf etwas Süßes geplagt werde, beschließe ich, einen erneuten Backversuch zu unternehmen. Ich stelle den missratenen Bizcocho zur Seite, schnappe mir kurzerhand noch einmal das Rezept und hole als Erstes aus dem Kühlschrank die laut Rezept vorgeschriebenen drei Eier. Als ich sie auf die Küchenarbeitsplatte legen will, sehe ich entgeistert, dass da bereits drei Eier hübsch aufgereiht liegen.
„Das gibt’s doch nicht!“, jaule ich.
Dass ich eine wesentliche Zutat wie die Eier vergessen, ist mir wirklich noch nie passiert. Ich mag zwar eine lausige Köchin sein, aber Backen konnte ich immer ganz gut. Entnervt werfe ich jetzt den missratenen Kuchen in den Müll, lege die vier Eier, die ich gerade aus dem Kühlschrank geholt habe, wieder zurück in ihr Fach, suche alle übrigen Zutaten zusammen, achte darauf, dieses Mal auch wirklich die Eier, die da noch vom ersten Versuch herumliegen, zu verwenden, mische alles zusammen und wieder ab in den Ofen damit. Dann marschiere ich ins Wohnzimmer, schalte den Fernseher ein und setze mich erst einmal gemütlich hin. Vierzig Minuten später dringt ein intensiver Geruch an meine Nase … Der Kuchen! Ich springe aus meinem Sessel und rase in die Küche wo schon leichter Rauch aus dem Ofen steigt.
„Oh nein, so ein Mist“, jammere ich „was ist denn heute mit mir los, um Himmels willen?“
Fast verbrenne ich mir die Finger, als ich die Form aus dem Ofen hole und auf das Abkühlgitter fallen lasse. Enttäuscht starre ich auf das viel zu stark gebräunte Etwas in der Form, probiere trotzdem ein bisschen davon, verziehe den Mund und kippe erneut alles in den Müll.
„Nicht mein Tag heute“, beschließe ich frustriert und greife nach einer Packung Kekse. Na ja, zumindest ist der Samstag auf diese Weise vergangen, sodass nur noch der Sonntag vor mir liegt.
Später erklärt mir Esperanza: „Wenn dir der Kuchen misslingt, dann wirf ihn nicht weg! Du kannst einen Nachtisch daraus machen!“ Und schon erhalte ich ein neues Rezept, das richtig lecker klingt. Jetzt weiß ich nicht genau, ob ich den Kuchen noch einmal (aber richtig) machen oder lieber absichtlich vergeigen soll, damit ich das neue Rezept ausprobieren kann.
